In jungen Jahren – und das liegt nun schon sehr lange zurück – war er bei den meisten seiner Zeitgenossen ein beliebter und gern gesehener Gast. Nicht, dass er sich deshalb in selbstgefälligem Stolz gesonnt hätte. Es freute ihn vielmehr, dass er, der stille Augenblick, das Leben so manches Menschen prägen durfte.
Doch die Zeiten hatten sich geändert. Andere, vermeintlich viel wichtigere Werte bestimmten das Leben der Menschen. Immer wieder musste er es spüren, wie sein Besuch als peinlich, ungelegen oder gar als störend empfunden wurde.
Schließlich ignorierte man ihn, oder – und das war noch schlimmer – man belächelte ihn als antiquierte Erscheinung alter Zeiten.
Ja, so war das gewesen. Wen wundert es noch, dass es nun zur depressiven Lebenskrise des stillen Augenblicks gekommen war. Aber das war nun vorbei! Denn auch diese Zeiten änderten sich. Durch schmerzliche Erfahrungen sind manche Zeitgenossen zur Erkenntnis durchgedrungen: Anhaltender Stress und dauernde Aktivität – das hält kein Mensch aus.
Wenn er nicht schon da wäre, sollte man einen stillen Augenblick erfinden, der sich in wohldosierten Abständen in unseren Alltag einbauen lässt. Doch glücklicherweise ist diese Erfindung gar nicht nötig: Den stillen Augenblick gibt es schon längst. Man muss ihn nur zu sich einladen – und kommt gerne.
Fazit
Es ist eine Kunst, den Augenblick wahrzunehmen. Den Augenblick zu genießen und dankbar zu sein für diesen Moment des Glücks. Den Augenblick einzuladen mit Konzentration für das Wesentliche. Dem Augenblick in der Hektik der Arbeitswelten Raum zu geben, entlastet und befreit.
Aus “Moderne Parabeln” von Stefanie Widmann und Andreas Wenzlau.
Ihr Michael Göhring, info@innenfokus.de